Zwei Jahre Glaciers.Today – ein Zwischenstand mit Blick in die Zukunft
Photo: Phil - Philography
In etwas mehr als einem Monat feiern wir zwei Jahre Glaciers.Today – live und ununterbrochen. Die Idee zum Projekt entstand allerdings schon viele Jahre früher. Inzwischen haben wir ein Online-Archiv mit über 30'000 hochauflösenden Aufnahmen aufgebaut. Wir können heute genau beobachten, was auf dem Gletscher passiert – zu jeder Tageszeit.
So präzise, dass mittlerweile sogar die Bergrettung mit unseren Bildern arbeitet.
Oft werde ich gefragt: „Warum machst du das? Macht das überhaupt Sinn?“
Aus kurzfristiger Sicht vielleicht nicht. Doch wer die Natur langfristig betrachtet, erkennt schnell: Sie funktioniert nicht nach Quartalszahlen. Sie muss sich nicht monatlich rechtfertigen. Und trotzdem schläft sie nie – sie verändert sich leise, kraftvoll und beständig.
Dieser Prozess des Wandels ist in seiner Ehrlichkeit und Tiefe beeindruckend schön. Nicht laut oder schrill, sondern unaufhaltsam, echt und unabhängig von Trends, Likes oder medialem Hype. Genau deshalb ist eine sachliche, neutrale Sicht auf die Natur heute wertvoller denn je.
Aber was bedeutet überhaupt „neutral“? Was ist „echt“? Was ist „objektiv“?
Ich bin überzeugt, dass uns diese Fragen in Zukunft noch viel mehr beschäftigen werden, als uns heute lieb ist. Letztes Jahr habe ich gelernt, Bilder mit künstlicher Intelligenz zu erstellen – zu „prompten“. Und dieser Tage wurden KI-Video-Generatoren vorgestellt, deren Qualität unser Vorstellungsvermögen noch vor einem Jahre weit übertreffen.
Was können wir künftig noch glauben – und was nicht?
Die Natur zeigt es uns. Sie hat keine politische Agenda, sie wird nicht von Investoren finanziert. Deshalb brauchen wir klare, faktenbasierte Informationen – damit wir als Gesellschaft langfristig sinnvolle Entscheidungen treffen können.
„Gletscher sind gigantische Fiebermesser unseres Planeten. Sie zeigen uns schonungslos den Einfluss des Klimawandels.“
Was die Ursachen dieser Veränderung sind, können meine Bilder nicht beantworten – das ist die Aufgabe der Wissenschaft.
Aber die Veränderung selbst – die können meine Bilder zeigen.
Wir Menschen halten uns oft für das Zentrum des Geschehens. Doch die Natur agiert in anderen Zeiträumen und Massstäben. Sie braucht uns nicht – wir brauchen sie.
Was mich am Standort der Kameras auf der Diavolezza besonders fasziniert, ist nicht nur die atemberaubende Landschaft, sondern auch die Nähe zur Messstation Piz Corvatsch.
Ende Juli und August – den wärmsten Tagen des Jahres – werden wir erstmals die Aufnahmen der letzten drei Sommer miteinander vergleichen können.
Mit den hochauflösenden Bildern vom Piz Bernina und vom Biancograt erkennen wir präzise, wie sich die Natur auch in Höhen um 4’000 Meter verändert.
Es braucht mehr als drei Jahre für aussagekräftige Vergleiche – aber das ist ein guter Anfang. Und wir planen das Projekt noch viele Jahre weiter zu führen.
Link zur Messstation Piz Corvatsch:
meteoschweiz.admin.ch – Station COV
In der Zwischenzeit lade ich Sie herzlich ein, unser neues Video zu geniessen.
Aus über 30'000 Aufnahmen habe ich 600 ausgewählt – und daraus mit den 50 eindrucksvollsten eine visuelle Reise zusammengefasst.
Jürg